Einleitend möchte ich in die Problematik der Übersetzung toter Sprachen einführen und dabei insbesondere auf die Unterschiede zwischen den Kryptanalytikern und den Archäologen eingehen.
Die Arbeit der Archäologen war weitaus komplizierter als die der Kryptanalytiker. Während die Analytiker eine immense Menge an chiffrierten Texten zur Verfügung hatten, beispielsweise durch breit angelegte Funkabhöraktionen im Laufe des Ersten Weltkrieges, bot sich den Archäologen oftmals nur eine marginale Anzahl Tontafeln, mit Hilfe derer sie die Mythen um unsere Vorfahren durchleuchten sollten. Des Weiteren wussten sie in den seltensten Fällen, welchen Kontext das Tonstück besaß, noch war ihnen der Zusammenhang der darauf beschriebenen Geschichten deutlich.
Der Vorteil der Analytiker lag auf der Hand: Durch die aktuellen Geschehnisse war ihnen eine Art Hintergrundwissen gegeben, das sie nutzen konnten, um sich dem Sachverhalt der chiffrierten Texte zu nähern. Ihre oftmalige Überlegenheit gegenüber den Verschlüßlern (als triviales Beispiel ist die Häufigkeitsanalyse zu nennen) prägte das Bild.
Für die Archäologen indes schien es hoffnungslos, die alten Sprachen wieder zum Leben zu erwecken. Sollten diese Geheimnisse wirklich im Verborgenen bleiben?
Der Ehrgeiz war es schließlich, der viele Gelehrte und Wissenshungrige antrieb, unterstützt vom Wunsch, die Schriften unserer Ahnen zu verstehen. Pure Neugierde begleitete sie auf den Weg in die Vergangenheit, um sich einen Eindruck über die Lebensphilosophie in der Antike zu verschaffen. Neben der Gemeinsamkeit zur Kryptanalyse, beide wissenschaftlichen Gebiete befassen sich mit der Entschlüsselung eines bestimmten Textes, dessen Sinn auf den ersten Blick nicht zu erschließen ist, klafft ein gravierender Unterschied: Die Entschlüßler, in Gestalt von Archäologen, stehen nicht im Dauerkonflikt zu den Verschlüßlern. Diese existieren nämlich nicht, da die Autoren der alten Schriften nicht die Absicht besaßen, die Bedeutung ihrer Texte zu verbergen.